An Ostern einen Western!
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Aus allen Ritzen und auch Rohren,
aus Mündern, Augen und den Poren,
aus allen Öfen und aus Toastern
die Botschaft kündet: Es ist Ostern!
Schon läuft im Fernsehen „Ben Hur“,
auch „Das Gewand“ mit Vic Mature.
Und Werbung wird nur dann gesendet,
wenn sich der Film zur Spannung wendet.
Wenn eine Szene rührt zu Tränen,
folgt Werbung für ein Bett der Dänen.
Noch während Sklaven filmisch leiden,
zeigt man uns, wie wir Schweiß vermeiden.
Sogar die Szene mit den Kreuzen
wird unterbrochen durch ein Schneuzen:
Sehr passend lobt man Nasentücher,
danach ganz neue Krimibücher.
Die beste Zeit für Werbepausen
ist offenbar, wenn wir uns grausen
und jede Störung gern vermeiden,
wenn wir mit Filmschauspielern leiden.
Dann unterbrechen bunte Smarties
Neros Gesänge in „Quo vadis“.
Dazu paßt auch ein Jägermeister,
sehr oft gefolgt von Propers Meister.
Das Fernseh’n und Dramaturgie –
zusammen passen die wohl nie!
Wenn alle Klassiker – wie gestern –
gesendet wurden, zeigt man Western.
An Ostern also einen Western,
zumeist Italo-Schnee von gestern
mit Terence Hill und Spencers Bud –
nur alte Schinken über Sat.
Es sind die selben wie vor Wochen –
doch schlimmer ist das Fernseh-Kochen:
Wenn Lichter labert, Lafer lacht,
dann stöhnt der Herr: „Es ist vollbracht!
Ich hänge hier am Kreuz und leide,
dort sucht ein Bauer auf der Weide
die Frau, die anderswo getauscht,
während man sonstwo Köchen lauscht.
Die Köche kochen Sauerkraut,
derweil Bud Spencer um sich haut,
dann wird ein Deo angepriesen,
danach ein Schnupftuch gegen Niesen.
Du liebe gläubige Gemeinde:
Die allerschlimmsten aller Feinde
sind nicht die Römer, nicht Buds Kracher –
es sind allein die Fernsehmacher!“
So spricht der Herr von seinem Kreuze,
fragt um ein Tuch, worin er schneuze,
trinkt aus dem Gral ’nen Jägermeister
und schwebt genervt ins Land der Geister.
© Micha Schneider