Gläserne Zeit
Ein Gedicht von
Martin Heil
Hinterm Glas
das Blatt, das der Wind bewegt:
kein Rauschen.
Hinterm Glas
die Lerche, die übers Feld jetzt schwebt:
kein Zwitschern.
Hinterm Glas
der Schal, der mir lang schon gut gefällt:
kein Fühlen.
Hinterm Glas
eine Nachricht, deren Sinn mich wohl erhellt:
Sprache virtuell.
Hinterm Glas
das Gesicht, das mir singt und spielt:
Töne virtuell.
Hinterm Glas
der Mensch, zu dem es mich so zieht:
Händeschütteln virtuell.
Undurchdringlich, transparent,
kühl, steril, fragil.
Unvollständig, halb getrennt,
suche ich mein Ziel.
Finde Wärme, finde Nähe,
sieben Sinne weit.
Was ich nehme, was ich gebe:
lebensvolle Zeit.