Unsere Nacht
Ein Gedicht von
Marcel Strömer
Heute Nacht
Du erzähltest von schwarzen Löchern in den Herzen der Menschen,
und dass viele deiner Gebete sie niemals erreiche. Alle seien jetzt wieder zu Hause und auch du wärest auf deinem Heimweg, zurück von der Stille die einsam mache. Sie redeten wütend mit tausend Zungen durcheinander, die geballten Fäusten in ihren Taschen, sie in ihrem Temperament zu zügeln, das fiele dir so schwer. Als ob es die letzte wär, hattest du in den Zigarettenstummel gebissen, so leer fühlte sich dein Inneres an.
In derselben Nacht
Ein Mann warf verzweifelt eine Kiste Leergut-Flaschen in Richtung seiner Frau, dabei wurde sie an der linken Hand getroffen und unbestimmten Grades verletzt. Du wundertest dich, wann sie jemals aus ihren eigenen Gefängnissen entsteigen würden, wie oft sie sich noch gegenseitig die Treppe hinunterstürzen werden?
Im TV zeigten sie den Terror der Welt
Wie eine ganze Stadt in Schutt und Asche versank. Die Angst ging wieder um, sie hing an den Schürzen der jungen Mütter, schmuggelte sich in die Babymilch. Sie beantworteten Feigheit mit Feigheit, bedrohten sich erneut mit Schattengespenstern und Rauch. Du spürtest den zugefrorenen Traum, wie das Blut in den Geschichtsbüchern versickerte, sahst die Kinderschaukeln zwischen Hass und Henkersstaub knien.
Die Würde des Menschen sei ein Stern
Der versunken in den toten Müllbergen und den leergeträumten Meeren sich zu verankern sucht. Armut und Scham bettelten um Akzeptanz, die Flaschensammler legten sich in die chicen Receyclingtonnen, sie versuchten mit einer Hand am Saum der Nacht mitzuträumen.
Wenn das Geld nicht reiche
Reicht es auch nicht über die sieben Brücken zu gehen, sie hätten schon längst davon die Nase voll. Wo heilbringende Kirchen nachts verschlossen blieben, hinter Tür und Riegel hingen die Jesus-Kreuze jetzt, mit heiligen Sprüche an die Gemeinde gerichtet, an verwünschten Maibäumen und für den Tourismus sanierten Kapellen geheftet.
Neulich erinnertest du mich
An eine Zeit, die sehr schön war,
vielleicht in den 80igern, wir lagen Seite an Seite,
Im Nachtschattenblick, während all die anderen noch schliefen,
flüsterte dein offenes Herz in mein Ohr, du sagtest zu mir,
wie sehr du meinen Sonnenaufgang in das Heute liebtest!
Heute Nacht aber,
erzähltest du von schwarzen Löchern in den Herzen der Menschen,
und dass viele deiner Gebete sie niemals erreiche.
© Marcel Strömer
[Magdeburg, den 14.05.2018]
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