Unsterblich

Ein Gedicht von Klaus Lutz
Beim ersten mal war mein Arzt noch
etwas nervös. Dann, als er mir sagte,
das ich unsterblich bin. Er hat mir
einfach erklärt: „Meine Gene! Meine
Zellen! Mein Körper, ist eben ohne
Fehler. Es ist alles biologisch. Es liegt
nicht an meiner wunderbaren Güte,
das ich unsterblich bin! Es liegt nicht
an meiner göttlichen Schönheit, dass
ich unsterblich bin. Es liegt nicht an
meiner Aufrichtigkeit, das ich
unsterblich bin. Es ist einfach nur die
Biologie. Das Leben! Das hin und
wieder auch nicht alles weiß. Und so
einfach mal aus den Bahnen läuft!

Beim zweiten mal war mein Arzt etwas
gelassener. Dann, als er mir sagte, das
ich unsterblich bin! Er hat mir einfach
erklärt: Meine Biologie! Und die Gene
die verrückt spielen. Und die Natur, die
hin und wieder Salto schlägt. Es liegt
nicht an meinem allwissenden Wesen,
das ich unsterblich bin! Es liegt nicht
an meiner unendlichen Klugheit, das
ich unsterblich bin. Es liegt nicht an
meinem positiven Denken, das ich
unsterblich bin. Es liegt nicht an
meinemwunderbarem Charme, das
ich unsterblich bin. Es ist einfach nur
die Biologie. Das Leben, das sich hin
und wieder verläuft.

Beim dritten mal war mein Arzt ganz
ruhig und freundlich. Dann, als er
mir sagte, das ich unsterblich bin. Er
hat mir einfach erklärt: Mein Blut!
Meine Organe! Mein Körper. Meine
vollkommene Harmonie! Und wie
Himmlisch das alles ist. Irgendwie
unbegreiflich. Und es liegt nicht an
meinem netten Wesen, das ich
unsterblich bin. Es liegt auch nicht
an meiner lustigen Art, das ich
unsterblich bin. Und es liegt auch
nicht, an meiner endlosen Demut, das
ich unsterblich bin. Es ist einfach das
Leben. Und wie es so ist. Und das da
niemand so genau durchblickt!

(C)Klaus Lutz
 

Informationen zum Gedicht: Unsterblich

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07.11.2015
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