Der Kurzurlaub
Ein Gedicht von
Klaus Lutz
Heute war er in der Wohnung! Ohne Zwangsjacke. Nur mit einer
Betreuerin. Zum ersten mal seit Monaten. Er durfte zehn Minuten
auf der Couch sitzen. Seine Betreuerin hat ihm einen Tee gekocht.
Einige Kekse gereicht. Dann hat er sogar einen Witz erzählt. Hat
erklärt warum jedes Zimmer grün ist. Und das er auch den Himmel
in grün will. Er mag aber keine Hämmer mehr. Dafür schlägt er
jetzt mit dem Kopf zu. Immer fest gegen die Wand!
Dann ist er mit seiner Betreuerin gegangen! Auf der Straße hat er
noch ein Lied gesungen. Alle meine Entchen. Konnte aber nur
eine Zeile davon. Dann hat er sich vor der Birke verbeugt. Und für
den Applaus bedankt. Hat sich dann auf eine Bank gestellt. Und
eine Rede für seine Fans gehalten. Für alle Birken die Ihm
applaudiert haben. Dann hat er seinen Lutscher ausgepackt. Ist über
den Bürgersteig gehüpft. Und war glücklich mit seinem Zustand!
Später kam dann seine Betreuerin zurück! Hat an meiner Tür
geklopft. Und mit mir zwei Stunden geredet. Mir von seiner
Kindheit erzählt. Ohne Schokolade. Ohne Kuchen. Ohne Eis.
Ohne Gebäck. So wie von seinen Lehrern. Die seinen Dackel nicht
mochten. Dann hat sie mich nach Hilfe gefragt. Wenn er wieder in
der Wohnung lebt. Ich soll ihm ein Märchen vor lesen. Jeden Tag.
Und mit Ihm in den Streichelzoo gehen. Einmal die Woche!
Ich sitze am Fenster! Denke an diese arme Seele. An das
Hämmern. An das Klopfen. An den Radau. Jeden Tag. Sehe, auch
er ist ein Mensch. Ein Mensch mit Liebe. Ein Mensch mit Hass.
Ein Mensch der kämpft. Gegen das Böse mit seinem Hammer.
Gegen das Chaos mit seinem Bohrer. Gegen den Wahnsinn mit
seiner Säge. Ich sage mir dann: „Ja!“. So ein Mensch braucht
Märchen. So wie den Streichelzoo. Und, ich werde diesem armen
Geist helfen!
(C)Klaus Lutz
(Der Text ist pure Phantasie!
Ähnlichkeiten im realen Leben
sind reiner Zufall!)
Ps. Am 2.5.2022 um 14.32 Uhr
die Copyrights gesichert!