Rabenschwarzer Advent

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Advent, Advent, die Omi rennt
mit Lockenwickler noch im Haar.
„Der Kuchen riecht so sonderbar!“
Ein Gugelhupf, teils schwer verkohlt,
deshalb hat Opi sie versohlt.
„Mit Lebensmitteln spielt man nicht!“
kreischt er ihr wütend ins Gesicht.

Advent, Advent, die Omi flennt.
Mit Opa hat sie es recht schwer,
ein Geizhals ohne jede Ehr´!
Wie war er früher lieb und nett,
ein Nimmersatt im Ehebett…
Doch das ist alles längst passé
und draußen fällt der erste Schnee…

Advent, Advent, wer Omi kennt,
der weiß, sie liebt die Tradition,
die roten Kerzen flackern schon.
Entzückt steht Omi nun davor
und hört im Geist den Engelschor,
der „Backe, backe Kuchen“, singt
und Omi zur Verzweiflung bringt…

Advent, Advent, die Bude brennt!
Ein Windstoß kam zur Tür herein
und trieb den gold´nen Kerzenschein
zum Fenster hin mit aller Macht
und die Gardine ward entfacht!
Ein Ado-Vorhang noch dazu,
die Goldkante verkohlt im Nu…

Advent, Advent, im Totenhemd
liegt Omi starr im Sperrholzsarg,
weil Opa selbst jetzt sparen mag…
Gezeichnet noch vom schweren Brand,
mit Plastik-Rose in der Hand,
geht Omi nun auf letzte Fahrt
wird anonym im Feld verscharrt…

Informationen zum Gedicht: Rabenschwarzer Advent

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27.11.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Klaus Enser-Schlag) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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