Der Wunschbrunnen

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Ein Ehepaar nach 20 Jahren
hat viel mehr Streit als Glück erfahren.
Die Liebe scheint wie tiefgefroren,
Enttäuschung quillt aus allen Poren.

Spazieren sind sie heut‘ gegangen,
was sollte man auch sonst anfangen?
So geh’n sie schweigend auf dem Pfade,
die Stimmung mies und auch recht fade.

Die Vögel singen, Bienen brummen,
da seh’n sie plötzlich einen Brunnen.
Recht durstig schlürfen sie das Nass,
dann sagt der Mann, nur so zum Spaß:

„Ein Wunschbrunnen könnt‘ das doch sein,
ich werfe eine Münze ´rein!
Ich hab‘ mir etwas ausgedacht,
dass mich bestimmt sehr glücklich macht!“

Er wirft die Münze in das Wasser,
die Frau erzürnt, wird immer blasser.
„Auch ich hab‘ einen Wunsch jetzt frei!
Pass auf! Ich werfe! Eins – Zwei – Drei!!“

Doch ach, ihr Schwung, er reißt sie mit!
Sie fällt ins Wasser, ruft: „Igitt!“
Er lächelt still, ist amüsiert
und denkt: „Mein Gott, es funktioniert!“

Informationen zum Gedicht: Der Wunschbrunnen

1.794 mal gelesen
10.03.2015
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige