Frau Holle und der Holzfäller
Ein Gedicht von
Jürgen Wagner
Es war in den geweihten Nächten,
die Dunkelheit brach schnell herein
Er stapfte durch den Schnee nach Hause,
im Wald war er nun ganz allein
Das Dämmerlicht, die starken Winde,
sie schlugen alles in den Bann
Da stob ein Wagen mit zwei Schimmeln
und einer weißen Frau heran
Sie sponn den silber glänzend Faden,
die Spindel tanzte auf der Erd'
Doch stoppten plötzlich beide Rosse:
dem Mann ward Angst vor dem Gefährt
Die Spinnerin sah zu ihm nieder
und sprach zu ihm mit klarer Stimm':
"Dein Beil ergreif, verkeil den Wagen,
doch habe eines auch im Sinn:
aus bestem Holz brauch ich den Nagel!
Es hängen Erd' und Himmel dran
Am kleinsten Werk kann man erfahren
der Weltenordnung großer Plan!"
Der Mann, er nahm es sich zu Herzen
und schlug ein Bäumchen hart von Holz
Er nutzte alle seine Künste -
am Ende war er sogar stolz!
Die Arbeit war ihm gut gelungen,
das Rad war wieder fest verkeilt
Er richtete Geschirr und Deichsel,
doch bevor sie ihm enteilt,
da hoffte er noch zu bekommen
etwas Geld für Müh und Fleiß.
"Die Späne unten auf dem Boden,
das sei dein heut'ger Lohn und Preis!"
Die Pferde an den gold'nen Ketten,
sie rissen vorwärts, brausten los
Zurück blieb nur ein schwer Enttäuschter:
der arme Mann war fassungslos
Er nahm sein Beil, hob auf die Späne
und ging nach Haus mit müdem Schritt
Doch als ihn unterwegs was drückte,
erblickte er im Mondenlicht
ein gleißend Häuflein, schwer zu tragen:
all seine Späne waren Gold
Da wusste er, es war die Holle,
der er heut' diente, die ihm hold
Er eilte schnell zu Frau und Kindern -
in ihren Schoß gab er den Schatz
erzählte ihnen, was geschehen
- da war in ihrer Hütte Platz