Die große Reise
Ein Gedicht von
Jürgen Wagner
Wenn das letzte Lied verklungen
Wenn das schöne Glas zersprungen
Wenn die Stunde hat geschlagen
Wenn's uns geht an jenen Kragen
Wenn die Lampe ist erloschen
Wenn die Vase jäh zerbrochen
Wenn der Baum ist mal gefallen
Wenn’s uns geht, wie vor uns allen
Geht’s in jenen alten Brunnen
In den keiner gern gesprungen
Vielleicht auf eine grüne Wiese
In die Welt, die nicht mehr diese
Geht es auf die große Reise
Die verhüllt und lichtvoll leise
‚Himmelreich‘ sprach man, dort droben
Straße voller Milch da oben
Wo man wandert wie die Alten
Fügt sich höheren Gewalten
Kommt ans Haus der großen Mutter
Hat dort reichlich Platz und Futter
Dient den großen Weltgesetzen
Braucht sich keinesfalls mehr hetzen
Wird zum Tor zurückgeleitet
Das man segensreich durchschreitet ...
Darf das Leben neu beginnen
Und sein Lied von neuem singen
Und die Blume mag erblühen
Und die Glut von neuem glühen
Auf dem Tisch die neue Vase
In dem Schrank das neue Glase
Bäumchen wächst heran beizeiten
Die große Mutter wird es leiten
Angelehnt an das Grimm'sche Märchen der Holle, die in alten Sagen als 'Huld' in der Welt erscheint, aber als Verborgene ('Verhohlene', Hel) auch das Totenreich hütet