Die Baba Jaga
Ein Gedicht von
Jürgen Wagner
In der Mitte des Waldes:
ein seltsames Haus
Wer dieses erreicht,
den packt schon der Graus
Großmutter wohnt dort,
eine Frau mit viel Macht
mit ihren drei Reitern
Tag, Sonne und Nacht
Sie wohnt an der Schwelle
zwischen Leben und Tod
Kommst du an die Stelle,
fürcht' nicht, was da droht
Sie fliegt in dem Mörser,
verwischt ihre Spur
Sie gilt als ein Mörder,
doch hütet sie nur
Geburt und den Tod,
den Abend, den Morgen
Man bleibe hellwach
und lös‘ sich von Sorgen
Wassilissa, die Schöne,
sie konnt‘ ihr begegnen
Sie diente der Alten
und konnte bestehen
Bekam jenes Feuer,
das auslöscht, verbrennt
Ein ganz neues Leben
war ihr nun vergönnt
Anm.: Die Ursprünge der Baba Yaga sind nicht ganz geklärt: sie kann auf eine slawische Göttin des Totenreiches zurückgehen oder auch auf die im ganzen Slawentum bekannte Waldfrau, die aber meistens jung war. Wie alle mythische Frauengestalten rutschte sie nach der Christianisierung ganz in den Schatten einer 'bösen', ja menschenfressenden Hexe ab. Hinweise, dass die drei Reiter Morgen, Sonne und Abend zu ihr gehören, zeigen aber doch, dass sie mit den Kräften der Natur direkt verbunden ist und schenken, aber auch nehmen kann. Wer aufrechten Herzens und freien Mutes zu ihr kam, den hat sie nie abgewiesen, wer aber zögerlich und ängstlich war, den konnte sie verschlingen (s. dazu das russische Märchen 'Wassilissa die Wunderschöne' - https://youtu.be/YBmMOhFFUZc?list=TLPQMDcwODIwMjO9Dk8FfFW-Ig