Der Mann, der nie wieder zurückkehrte
Ein Gedicht von
Jürgen Wagner
Gudo war ein Meister seiner Zeit
und zog umher im Bettelkleid
Des abends fand er einen Ort,
ein Bauernhaus und blieb auch dort
Durchnässt und furchtbar müde zwar,
nahm ihn die Frau doch wie er war
Er durfte bleiben eine Nacht
Zuerst hielt er am Schrein die Wacht
Er rezitierte ganz allein,
die Kinder sahen scheu herein
Er spürte in dem Haus das Leid,
viel Schmerz und Kummer, Einsamkeit
'Was ist geschehen?' fragte er,
'was macht es euch so furchtbar schwer?'
Die Mutter sprach: 'Es ist mein Mann,
der etwas nicht mehr lassen kann
Er spielt, ist trunken noch dazu,
kommt spät nach Hause, völlig zu'
'Ich will dir helfen', sagt der Mann
'so mach doch noch den kleinen Gang
und kaufe Fisch und guten Wein
Das Übrige lass meine Sorge sein!'
Die Frau, sie ging, er blieb im Haus,
saß still mit Würde überaus
Der Gatte kam zu später Stund'
mit einer Fahne vor dem Mund
Er brüllte: 'Frau, ich habe Durst,
und dass du mir nicht wieder murrst!'
Der Meister aber kam zu ihm:
'Sie gab mir Obdach, legte sich hin
Als Dank hab ich euch Fisch und Wein
So tut euch gütlich, schenkt euch ein!'
Der aß und trank, war ganz entzückt
und schlief und schnarchte wie verrückt
Doch saß bei ihm die ganze Nacht
der Meister und hielt still die Wacht
Am Morgen stand der Mann dann auf
Er wusste nichts mehr, fragte drauf,
wer e r denn sei und was da war -
Der sagte es ihm ruhig und klar
Der Mann, der schämte sich so sehr
Es war ihm eine schlimme Lehr',
dass dieser Mann ihn so geseh'n
und bei ihm blieb nach dem Gescheh'n
'Das Leben geht sehr schnell vorbei
wenn Ihr nichts pflegt als Spielerei,
dann könnt Ihr nichts mehr And'res tun
und Eure Frau wird nie mehr ruh'n'
Die Worte war'n verklungen kaum,
er wachte auf wie aus dem Traum!
'Lasst mich Euch dienen eine Zeit,
lasst mich das lernen, wie Ihr seid!
Er folgte ihm, trug seine Last,
das kleine Bündel ohne Hast
Er folgte ihm, erst Stück für Stück,
dann kehrte er nie mehr zurück ...
Nach einer Geschichte des japanisches Zen-Meisters Gudo