Der Ring der Wahrheit
Ein Gedicht von
Jasmin Pahlisch
Vor ewig langen Zeiten
in einem fernen Land
lebte Prinzessin Johanna,
sie war gar wohl bekannt.
Ihr Liebster war Prinz Jakob,
er war ein Königssohn.
Johannas keusche Liebe
war ihm ganz Freud und Wonn'.
Auf dem Schlosse lebte auch
eine Magd namens Isabell.
Sie glich Johanna bis auf's Haar,
war aber nicht von der selben Quell'.
Einst sprach Johanna zu der Magd:
"Komm wir tauschen die Kleider aus!
Ich fühl' mich hier wie eingesperrt,
ich möchte einmal hinaus!"
Sobald der Tausch vollzogen war,
schrie gleich die böse Frau:
"Heda, ihr Wachen, kommt herbei,
man hat mich wohl beraubt!
Seht diesen Ring an ihrer Hand
gab einst die Mutter mir!
Sperrt dieses Weib in den Kerker ein,
in Eisen wie ein Tier!"
Die Wachen merkten nicht den Tausch
und nahmen das Ringlein ab.
Sie führten Johanna ins Verlies,
tief in den Kerker hinab.
Die böse Isabell derweil
bot sich dem Jakob dar,
doch dieser wunderte sich wohl,
weil Johanna so sonderbar war.
Sie hatte ihn geschworen,
ihm treu und keusch zu sein,
bis, dass der Kirche Segenswort
sie brachte zum Verein.
So bot er nun dieser fremden Frau
den vollen Weinkrug dar.
Sie sprach dem Wein auch tüchtig zu,
bis sie betrunken war.
Da fiel sein Blick auf jenen Ring,
der glühte hell, wie ein Stern,
denn er, er zeigte die Lüge an,
zwang zur Wahrheit seinen Herrn.
Jakob eilte zum König hin,
sprach davon, was er geseh'n
und beide ahnten schnell was hier
für ein Unrecht war gescheh'n.
Am Morgen sprach dann Isabell:
"Das ist doch Hexerei!
Die Magd hat meinen Mann verflucht,
dass er ihr zu willen sei!"
Da packte man die arme Johanna
und schleifte sie hinaus.
Zu brennen war der Richterspruch,
als Hexe, oh Gott und Graus!
Mehr Tod schon als lebendig
Band man sie schon an den Pfahl.
Dem Vater, dem die Wahrheit klar,
war es eine große Qual.
Da sprach Prinz Jakob zu Isabell:
"Mein Lieb', was versprachst du mir einst?"
Sie sprach: "Gar feurige Leidenschaft,
wenn du dich mit mir vereinst!"
So wie die Worte gesprochen war'n,
glühte der Ring in hellem Licht.
Prinz Jakob tat nun laut sich kund:
"Das war der Antwort nicht!"
"Diese Frau ist nicht wie's scheint,
sie ist eine Lügnerin!
Dort auf dem Haufen festgeschnallt,
steht die echte Prinzessin! "
Da trieb das Scheitholz plötzlich aus,
auf dem Johanna stand.
Ein Meer aus Rosen blühte stolz,
verwandelt war auch das Büßergewand.
Jakob schnitt vom Pfahl sie los,
trat dann zu dem bösen Weib,
zerriss ihr Kleid mit Leichtigkeit,
legte bloß den geschwängerten Leib.
Er sprach: "Isabell, du Hexe, du
sollst brennen an ihrer statt!
Dein Leben soll die Sühnen sein
und Lohn für deinen Verrat!"
Da bat Johanna: "Lass sie frei,
Verzweiflung trieb sie dazu.
Die Schande, die sie ertragen hätt',
ließen ihr wohl keine Ruh'!
Schickt sie an einen fernen Ort
für einen Neubeginn.
Für sie und auch für das Kind
kann es werden ein Gewinn!"
Am selben Abend feierte man
das Fest, das Johanna und Jakob verband.
Sie lebten glücklich so manches Jahr,
sie trug den Ring stets an ihrer Hand.