Wenn d e r Schock nicht hilft . . .
Ein Gedicht von
Heinz Säring
Die Mutter wollt wecken, falls Susi noch schlief, -
doch war sie nicht da, auf dem Bett lag ein Brief:
"Ach, Mami, ich hoffe, du wirst mir verzeihn,
ich bin jetzt bei Charlie, der war so allein.
Der Liebe, der wurde vor kurzem entlassen,
es war wohl zu voll bei den vielen Insassen.
Er hat sich da drinnen auch sehr gut geführt, -
nun hab ich ihn wieder, ich bin ganz gerührt.
Ich wohn jetzt mit Charlie, der ist ja soo süß,
das Leben mit ihm ist ein Traum-Paradies.
Den Körper voll Tattoos und Piercings: soo schön, -
ach ja, liebe Mami, du müsstest ihn sehn . . .
Bin dreizehn, na eben, und habe Verstand, -
da nimmt man sein Leben doch selbst in die Hand!
Bin endlich auch schwanger, das ist doch sehr schön,
da brauch ich auch nicht mehr zur Schule zu gehn.
Wir stehen auf Sex, weil wir Kinder so lieben.
Wirst sehn in 5 Jahren, da haben wir 7.
Bald wirst du als Oma die Freude genießen,
und kannst schon den ersten der Enkel begrüßen.
Es kann ja bloß noch an der Wissenschaft liegen,
um endlich dem Charlie sein Aids zu besiegen!
Wir wohnen im Wohnwagen mitten im Wald,
du wirst es schon finden, - besuch uns nur bald!
Und Marihuana, das tut ja so gut,
ich kenns durch die Hanna, es macht mir viel Mut.
Bei uns hier im Walde, wir bauen es an,
damit man auch Freunden mal aushelfen kann.
Sind grad Heroin oder Koks nicht zu knapp,
da geben sie uns schließlich auch etwas ab.
Doch ist es für sie auch nicht leicht zu beschaffen,
es läuft auch mal schief bei dem Handel mit Waffen!
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Lieb Mami, bis hierher! Jetzt sag ich dir was:
Das Ganze war unfair, es war nur ein Spaß!
Es war dummes Zeug, doch ich denke sogar,
dass dieses für heut eher notwendig war.
Ich sitze beim Nachbarn und freu mich auf dich.
Teils tut es mir leid, ich entschuldige mich.
Mein Zeugnis, das neue, das liegt seit paar Tagen
im Schubkasten unter den Schreibunterlagen.
Jetzt kannst du dirs ansehn und wirst es ertragen
und mir nicht die nötige Nachsicht versagen.
Ich wollt' dir nur zeigen, es könnte im Leben,
und zwar auch in meinem, v i e l Schlimmeres geben."