Löcher
Ein Gedicht von
Heinz Säring
"Wärst du lieber tot?" fragt ein Mädchen mit Zopf,
"oder hättest du lieber sieb'n Löcher im Kopf?
Die Augen, die Ohren , die Nase, der Mund -
sieb'n Löcher im Kopf, das ist völlig gesund."
Wie oft braucht man Löcher am richtigen Ort,
und die werden dann in der Regel gebohrt.
Ein Mensch wird geboren, das sind keine Sünden, -
sie braucht bloß den richtigen Bohrer zu finden.
Ich frag mich, warum ich vom Leerdammer Käse
mit Vorliebe immer die Löcher gern esse?
Jetzt kommt die Erleuchtung zu unserem Glück, -
ganz logisch: Die Löcher, die machen nicht dick.
Frau Meier bewohnt eine städtische Wohnung,
sie schrieb Stadtrat Knabe jetzt ganz ohne Schonung:
Das gibts nicht noch einmal im ganzen Westfalen, -
Ich bin nicht bereit, hier noch Miete zu zahlen
Im Winter vor allem, da wird man erschreckt,
die Öfen, die Heizung - ist alles defekt.
Sie sollten mal hier übernachten, Herr Knabe,
dann seh'n Sie, welch eiskaltes Loch ich hier habe!
Die Texte zu Liedern sind häufig recht mager,
'ne Frau singt in einem der älteren Schlager
vom Herzen der Männer: "ein finsteres Loch, -
aber lieb, aber lieb, aber lieb sind sie doch."
Man fragt sich im Alter, wer hat dich noch lieb?
Gedächtnis wie'n völlig durchlöchertes Sieb!
Gern führe ich Schlittschuh, ich fürchte jedoch,
ich falle dabei in ein ganz tiefes Loch.