Der gehörnte Engel

Ein Gedicht von Heinz Säring
Im Unterricht Religion in Westfalen,
da hat jedes Kind einen Engel zu malen.
Die Susi, die malte zwei Flügel am Rücken
und Sterne im Hintergrund, ganz zum Entzücken.

Doch plötzlich, da wurde die Lehrerin schlecht,
ja was ist denn das da, sie sieht wohl nicht recht?
Frau Meier ist außer sich jetzt, voller Zorn:
Da vorn auf der Stirn hat der Engel ein Horn!

"Nun sag mir mal, wie soll man dieses verstehn,
hast du schon mal Engel mit Hörnern gesehn?"

Die Susi darauf: "Ich bin nicht so gesegnet,
doch Sie sind wohl schon einem Engel begegnet?
Sie wissen ganz sicher, der Engel hat vorn,
da oben am Kopf garantiert nie ein Horn.

Wir wissen, die Kuh frisst nur pflanzliches Futter
und liefert uns Frischmilch und Käse und Butter.
Was kann denn ein Wesen mit Hörnern dafür?
Gerade die Kuh ist ein liebwertes Tier

Der Ochse ist gleichfalls ein friedliches Rind.
Doch gibts leider Menschen, die Hornochsen sind.
Man denkt an das Bild von dem wütenden Stier,
doch der kann in Wirklichkeit gar nicht dafür.

Es schafft uns auch herrliche Klänge, das Horn.
Zum Glück ward uns Mozart, der Meister geborn,
war nicht nur ein Großer, nein wirklich ein Bester,
der schrieb auch Konzerte für Horn und Orchester.

Das Matterhorn, das uns im Alpenland grüßt,
was einer der weltschönsten Berggipfel ist,
Touristen, die liebens, wie die dort gebor'n -
es ist eins der schönsten Figuren, das Horn.

Man könnte wohl kaum die Begeisterung steigern,
und Sie woll'n das Horn einem Engel verweigern!"
Frau Meier wirkt kläglich, sie musst sich bemühn,
- sofern ihr das möglich -, den Schwanz einzuziehn.

Informationen zum Gedicht: Der gehörnte Engel

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07.09.2011
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