Vorwort
Ein Gedicht von
Georg Babioch
"Das unendliche Gedicht", als einzelnes Gedicht, ist
bereits 1990 entstanden, als die vorläufigen Arbeiten an dem vorhergehenden Gedichtband abgeschlossen worden sind. Dies gilt ebenso für zwei weitere Gedichte,"Schwanenteich" und "Verliebt in eine Bardame". Alle weiteren Gedichte dieses Bandes sind im Verlauf bis zum Frühjahr 1997 entstanden, zuletzt die Reihe der "Ann-Christine"-Melodien, und zwar in einem Zustand verlorenen und verworrenen Verleibtseins in eine junge Dame. Zuvor ist der erste Gedichtband fertiggestellt worden, "Lose Gestalten - Szenen und Fragmente - Eine Promenade durch Geschichte und Arbeitswelten, in der allerlei lose Gestalten auftauchen" (1985-1990). Erst danach sind in dieser Reihenfolge "Bedenkliche Zeiten und Notizen" (1988-1992), "Politische Sonetten" (1997-2002), "Das unendliche Gedicht" (1992-1998) und "Liebesmelodien -
Mit den Augen der Liebe" (1998-2012) erarbeitet und fertiggestellt worden.
Im gesamten ist der vorliegende Gedichtband das von allen fünf Bänden das am wenigsten anspruchsvolle Gedichtband, ohne an Inhalt und Form gegenüber den anderen vier Bänden an Qualität zu verlieren. Ganz im
Gegenteil: In dem Maße, wie Versmaß und Rhythmus, Reim und Poesie diese vorliegenden Gedichte bestimmen, veranlaßt es der Leser, seinen verlorengegangenen Bezug
zur Lyrik und Dichtung wiederzufinden. In diesem Sinne ist dieser Gedichtband, "Das unendliche Gedicht", sogar der am meisten anspruchsvolle Gedichtband, wobei die Inhalte der einzelnen Gedichte thematisch weitgehend untergeordnet bleiben. Liebesgedichte liegen hierin vor, welche bisweilen von sozial-kritischen Gedichten oder von Gedichten des Alltags direkter Ansprachen an bestimmte, dem Verfasser bekannte Personen abgelöst werden. Liebesgedichte sind hierin im vorliegenden gedichtband in der Mehrzahl vorgegeben.
Der Entstehungszeitraum des vorliegenden Gedichtbandes liegt zwischen 07.1990 und 03.1997, geradewegs 6 1/2-Jahre, was dokumentiert, daß der Verfasser in diesem Zeitraum eine themengebundene Sammlung von Gedichten vorgenommen hat, daß der Verfasser andererseits schwerpunktmäßig zum einen als Leiter und Geschäftsführer sowie als Projektleiter des "Institut für Politische Kunst und Kultur" beschäftigt gewesen ist, andererseits als Prosaist und Lyriker.
Zum einen entstand in dem oben genannten Zeitraum der nunmehr überarbeitete Roman, "Aufzeichnungen eines Psychopathen", abgeschlossen im Jahre 1992, kürzlich letztmalig überarbeitet. Zum anderen entstand in dem Zeitraum 12.1996 und 04.1997 eine Sammlung von fünf Novellen und Erzählungen unter dem Titel, "Die Ratten-republik", ein Werk, das sich auf grund des Titels von selbst definiert und so als "Neuer Realismus in Literatur und Prosa" zu verstehen ist, mit folgender
Definition des Realismusbegriffes, welcher bezogen auf Dichtung Heinrich Heine, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht und andere zum Vorbild hat:
"Versuch der Mitgestaltung eines neuen Realismus-begriffes in Literatur und Prosa, einer Synthese von lebendiger, glaubhafter und überzeugender Prosa nach Franz Kafka, Fjodor Dostojewkij sowie anderen einer-
seits, Kritik der Aufklärung nach Günter Wallraff und narrativer Geschichtsschreibung von Bernt Engelmann andererseits."
In diesem Sinne und in diesem Zusammenhang fällt der
vorliegende Gedichtband unter den Anspruch eines neuen Realismusbegriffes im Bereich von Dichtung und Lyrik.
Die oben genannten Lyriker dienen dem Autor zum einen
als Vorbild für lyrisches Schaffen, insofern als diese inmitten ihrer politischen Zeitgeschichte als realitätsverbundene und politische Lyriker sowie als Gesellschaftskritiker aufgetreten sind. Zum anderen bleibt der Autor und Dichter des vorliegenden Bandes der Tradition dieser Großen der Lyrikgeschichte insofern verbunden, als die derzeit zeitgemäße Ablehnung von Versmaß und Rhythmus, Reim und Poesie nicht nachvollzogen, sondern im wesentlichen Maße rekultiviert wird. In diesem Sinne ist der Autor des vorliegenden Gedichtbandes kein moderner Lyriker, sondern ein Lyriker, der der Tradition von Versmaß und Rhythmus, Reim und Poesie verhaftet bleibt. Ein Realismusbegriff in Literatur und Prosa wird zur Synthese einerseits von Form u. Inhalt der oben genannten Größen, andererseits überarbeitet und transformiert mit Themen der sozialpolitischen Zeit-
geschichte. Selbst Liebesgedichte, wie auch im vorliegenden Gedichtband, können sich bisweilen einem Realismusbegriff nicht entziehen, samt seiner soziopolitischen Implikationen.
"Das unendliche Gedicht" ist von allen fünf Gedichtbänden der kürzeste Gedichtband, und auch von daher dem Leser am Leichtesten zugänglich. An realpolitischen Inhalten vermag dieser Gedichtband mit anderen Gedichtbänden nicht mithalten, namentlich nicht
mit "Bedenkliche Zeiten und Notizen" und vor allem auch mit "Politische Sonetten". Die relativ einfache
formelle und inhaltliche Struktur der einzelnen Gedichte vermag aber einen Realismusbegriff insofern nachzeichnen, als Versmaß und Rhythmus, Reim und Poesie beispielsweise auch in Reklame und Werbung Eingang gefunden haben. Der Autor vertritt die Meinung,
Reim und Poesie etc. nicht allein der Anpreisung des Warenangebotes sowie der damit verbundenen Verlockungen des individuellen Warenkonsums zu überlassen, sondern für Lyrik und Dichtung zurückzugewinnen u.zu rekultuvieren. In diesem Sinne erscheint der Autor einerseits als traditioneller und konservativer Dichter und Lyriker, andererseits als ein revolutionärer. Dieser Widerspruch seiner äußeren Erscheinung nach wird wesentlich zu einer Einheit,
einerseits mit Hinweis auf den Realismusbegriff, andererseits mit Hinweis auf Form und Inhalt von 145 Gedichten der fünf Gedichtbände. Die vorliegende
Auswahl an Gedichten ist als Auszug zu verstehen.
In diesem vielfachen Sinne wünscht der Autor des vorliegenden Gedichtbandes eine kurzweilige, unterhaltsame wie bildende Lektüre. Es wird nicht verhehlt, daß er auf diesem Wege auf der Suche nach einem geeigneten Verlag ist und überaus dankbar ist für Anregungen und konkrete Hinweise.
Georg Babioch, Köln, 10. Oktober 1997.