Der Lektor
Ein Gedicht von
Georg Babioch
Meine Dame, wo liegt das Expose?
Auf das ich mit Sicherheit und wirklich nicht steh´,
Und bringen sie mir eine Tasse Tee:
Oh Gott, da liegt ja das Expose.
Ich möcht´ mich nun an diesem Text versuchen,
Doch wo bleibt mein Stück versprochener Apfelkuchen.
Wie lange soll ich nach dem Kuchen noch suchen und fluchen?
Möchten sie nicht auch ein Stück Apfelkuchen?
So ist es gut, mit Sahne bitte;
Dies war bei mir schon immer Sitte.
Oh Gott, diesem Autoren versetze ich Tritte,
Und jetzt ein Löffelchen Sahne bitte.
Welch ein Krösus der Poesie,
Ich habe gelacht wie vordem noch nie,
Ein gewaltiger Einfaltspinsel und wie
Ein Froschkönig der Poesie.
Ein Fehler gleich in der ersten Zeile,
Bei diesem Fehler ich vorerst verweile;
Erst danach ich zur zweiten eile,
Ein Fehler gleich in der ersten Zeile.
Endlich ein Reim, doch ist er mißlungen,
Es hat so mißlungen nach Versreim geklungen,
Ob ihm Sirenen jene Versreime sungen?
Wenigstens ein Reim, doch vollkommen mißlungen.
Ich lege es weg, dieses Manuskript,
Beinahe fünfzig Mal hatte er sich vertippt,
Sogar Kaffee über dieses gekippt,
Nun leg ich es weg, das Manuskript.
Ich greife zum nächsten, doch auf der ersten Seite
Schon wieder die nächsten Autorenpleite;
Ob ich meine Lektorenschaft über dieses ausbreite?
Die nächsten Katastrophe schon auf der ersten Seite.
Die Damen und Herren Autoren werden immer schlechter;
Ich glaube, ich werde lieber Landschaftsverpächter,
Um nicht zu werden Menschheitsverächter;
Denn die Damen und Herren Autoren werden immer schlechter.
Dann erst könnte ich mein Leben genießen
Wie alle jene tausende Autoren-Blümlein sprießen,
Die sie mit ihren mißlungenen Versreimen gießen,
Doch könnte ich so mein Leben genießen.
Worüber die Damen und Herren Poeten nur schreiben?
Was mögen sie ansonsten wohl noch treiben?
Im Glashause sitzend und blickend durch gläserne Scheiben,
Darum die Damen und Herren Poeten Dummes schreiben.
Oh Gott, für heute bin ich matt,
Ich bin meiner Arbeit fürchterlich satt;
Wo steht all dies beschrieben, auf welchem Blatt?
Was bin ich für heute wieder fürchterlich matt.
Meine Dame, wo liegt das nächste Expose?
Auf welches ich ebenfalls so fürchterlich wenig steh´;
Und bringen sie mir sogleich eine Tasse Tee.
Oh Gott, das liegt ja das Expose.