Wunschkind
Ein Gedicht von
Friedrich Graf
Pünktlich ist die Schule aus,
vor Eifer glühen noch die Bäckchen,
er zieht sich an sein warmes Jäckchen,
dann läuft er schnurstracks schnell nach Haus.
Unterwegs begrüßt er Leute,
auch solche die er gar nicht mag,
mit einem lauten „Guten Tag“,
und bereitet damit Freude.
Angekommen an der Wohnung
zieht er sich die Schuhe aus,
dann spendiert er zur Belohnung
seiner Mutter viel Applaus,
denn es quellen aus der Küche,
fabriziert vom Leibgericht,
duftend feine Wohlgerüche,
was erheitert sein Gesicht.
Hungrig setzt er brav sich nieder,
schmatzt nicht, isst den Teller leer,
sagt der Mama immer wieder:
„Das war prima, danke sehr!“.
Sorgfalt ist für ihn kein Wunder,
schmutzige Kleidung muss nicht sein;
schaut man kritisch an ihm runter,
ist noch alles fleckenrein.
Jetzt zentriert er sich auf`s Büffeln,
denn Hausaufgaben stehen an;
ohne Mahnen oder Rüffeln
sind die Pflichten bald getan.
Schulisch zählt er zu den Besten,
Einser gibt`s im Überfluss;
für`s Publikum sind seine Gesten
beim Theaterspiel Genuss.
Auch sportlich ist er eine Größe,
den Flicflac legt er sechsfach hin,
er zeigt nicht die geringste Blöße,
und was er sagt hat einen Sinn.
Statt Zeit am PC zu vergeuden,
liest er Goethes „Faust“ am Stück.
Die Eltern hör`n von allen Leuten:
„Was habt ihr mit dem Kind für`n Glück“.
Er ist so herzlich und bescheiden,
räumt ungefragt sein Zimmer auf,
ist friedlich und tut selten streiten,
und hat Struktur im Tageslauf.
Es ist ein Glückfall, einen Knaben,
auf dem die Gunst der Götter fällt,
als eigenes Kind daheim zu haben:
Gibt es was Schöneres auf der Welt?
Die Mutter, die im Bett sich streckte,
erwachte jäh und glaubt es kaum:
Was sie an ihrem Sohn entdeckte- - -
war nur ein Wunschgedanken-Traum.
(© Friedrich Graf)