Ballade eines GKV-Versicherten
Ein Gedicht von
Friedrich Graf
Ballade eines GKV-Versicherten
Ich attestiere mir verbindlich:
Das linke Aug ist schmerzempfindlich.
Weil noch dazu viel Tränen fließen,
soll mich ein Augenarzt begrüßen.
Hierzu muss mich zunächst begleiten,
das Telefon und „Gelbe Seiten“.
Aus patriotischer Erwägung
such ich den Arzt aus der Umgebung.
Der erste Anruf konsterniert:
„Dr. Schmitt ist pensioniert“!
Noch ohne Zorn und ohne Kummer
wähle ich die nächste Nummer.
„Hier Praxis Dr. Thomas Wenten:
Wir nehmen nur Privatpatienten!“
Da ich jedoch „gesetzlich“ bin,
werf ich den Hörer wieder hin.
Noch bin ich voller Zuversicht,
denn resignieren kenn ich nicht.
Ich setze die Recherche fort,
und wühl mich durch den nächsten Ort.
„Hier Praxis Dr. Karlheinz Zey –
im nächsten Jahr wär etwas frei“.
Die Wartezeit bei Dr. Sänger
ist – weil „gesetzlich“ noch viel länger!
Das Telefon steht unter Dampf
bei meinem Hilferufe-Kampf!
Ich bete zu Sankt Bonifatius,
und erweitere den Radius.
Doch wo ich anruf, gleich wird klar:
Ich komm erst dran in einem Jahr!
Inzwischen steigt in mir die Wut.
Das andere Aug füllt sich mit Blut.
Die Praxis Dr. Frank von Ritten
liest mir deutlich die Leviten:
„Wir haben, denn wir möchten leben,
die Zulassung zurückgegeben.
Somit gibt`s keinen Zoff mit Kassen,
und es bleiben fort die Massen.
Dazu wird leise noch gekichert,
weil ich ja „GKV-versichert!“
Da geschieht ein großes Wunder,
verdutzt fällt fast der Hörer runter:
„Wir befreien Ihre Qualen - - -
wenn Sie die Rechnung selber zahlen!“
Schon in drei Tagen könnt ich kommen. - - -
So hilft der liebe Gott dem Frommen.
Nach endlos langer Sucherei,
fühl ich mich fast erlöst und frei.
Die Augen sind von übervollen
Bakterienstämmen zugeschwollen.
Deshalb leg ich mich schonend hin
und freu mich auf den Arzttermin.
Doch wie der Teufel will: Ich fall
kurz drauf in ein Enttäuschungs-Tal,
denn am nächsten Morgen schon,
klingelt laut das Telefon.
Ich wähnte mich in einem Schwank,
als ich erfuhr: Der Arzt sei krank!
„Wir müssen die Termine streichen
und bitten deshalb auszuweichen!“
Schmerzgeplagt und voller Zorn,
beginnt das Spiel erneut von vorn.
Bereit zu zahlen jeden Preis,
läuft sich mein Handy wieder heiß.
Der Praxis Dr. Anton Wichert
verriet ich gleich: „Privat versichert.
Wenn ich komm, das ist doch klar,
zahl ich sofort und zwar in bar!“
Weil ich ja nicht „gesetzlich“ bin
könnt ich schon übermorgen hin!
Erleichtert seufze ich nur „pautsch!“ –
und leg mich nieder auf die Couch.
Auf beiden Augen, jenen schlappen,
drück ich einen feuchten Lappen,
und denke übers Unrecht nach - - -
Vier Stunden später werd` ich wach.
Da fühl ich mich, Gott welch ein Wunder,
bereits ein bisschen mehr gesunder!
Nun plante ich `ne Umverteilung,
indem ich selbst sorg für die Heilung.
Beim Apotheker vis-à-vis,
kauf ich ein Fläschchen Globoli.
Mit Hilfe dieser kleinen Pillen
lassen sich die Qualen killen.
Dann trink ich Tee als Unterstützung
gegen fiebrige Erhitzung.
Um frische Luft zu inhalieren
geh ich entspannt im Wald spazieren.
Kurz danach, so finde ich,
war es mir nicht mehr schwindelig.
Die Schmerzen gingen, welch ein Glück,
von Stund zu Stund etwas zurück.
Am Tag zu dem mein Arzt mich rief,
bemerkte ich ganz intensiv
wie meine Krankheit offenbar
von ganz allein verschwunden war.
Das Ferngespräch folgte sofort:
„Hallo ist Dr. Wichert dort?
Sie dürfen herzlich gratulieren:
Ich brauch Sie nicht zum Therapieren!
Mein Portmonee sagt Dankeschön,
mit dem kann ich jetzt shoppen geh`n.
Jetzt hör gut zu, Mensch, und begreife,
stehst du auch in der Wartschleife
beim Bitt-Termin vor Ärztepraxen,
dann lass in dir die Hoffnung wachsen,
dass mit dem Faktor „etwas Zeit“
zusammenschrumpfen Schmerz und Leid.
Sei deshalb friedlich und gelassen,
pfeif auf Arzt und Krankenkassen.
Musst lange du auf Hilfe warten,
bleib ruhig und wechsle nicht die Spur,
dich retten mit den besseren Karten
die Selbstheilungskräfte der Natur!!!
Die angeführten Arzt-Namen sind frei erfunden.
Ansonsten ist die Geschichte wahr!
(Friedrich Graf)