Ikarus - ein Lehrstück (frei nach Ovid)
Ein Gedicht von
Doris Grevesmühl
Eine Sage es uns nahe bringt,
wie es einst dem Ikarus erging,
der mit seinem Vater Dädalus
von zu Haus nach Kreta hin gemusst,
wo Dädalus auf König Minos Ruf
ein großes Labyrinth für diesen schuf.
Nachdem er damit fertig war,
wollten beide weg von Kreta.
Doch Minos hat das sehr erschwert
und die Rückkehr ihnen verwehrt.
Ikarus und Dädalus
dachten beide nur an Flucht.
Doch wegzukommen war sehr schwer,
weil ringsherum nur Meer.
Lange hat der Vater überlegt,
wie es wohl am besten geht.
Als grübelnd er mal in die Höhe sah,
wo grad am Himmel flog ein Vogelpaar,
das ausgebreitet ihre Schwingen,
wusste er, so kann es gelingen.
Sehr schnell hat er es dann gemacht
und beiden Flügeln angepasst.
Damit von keinem sie gesehen,
beschlossen sie des nachts zu fliehen.
Sie stiegen einen Berg hinauf,
legten dort die Schwingen an,
die mit Wachs verbunden waren
und breiteten sie weit dann aus.
Dem Sohn er noch den Hinweis gab:
„Wenn dann geht die Sonne auf,
sieh` dich vor und achte drauf,
dass du ihr ja nicht kommst zu nah,
weil ansonsten schmilzt das Wachs
und du stürzt ganz schnell ab.“
Ikarus beachtete die Worte nicht
und kam der Sonne einmal viel zu dicht.
Geschmolzen tropft das Wachs hinab,
für Ikarus es kein Halten gab.
„Leb `wohl !“ , zum Vater er noch rief,
dann fiel ins Wasser er ganz tief.
Diese Sage es uns beweist,
mit viel Mut und Tapferkeit
bringt man es mitunter weit
Doch ist es dabei nicht verkehrt,
wenn man auch auf andere hört.