Der Angeber
Ein Gedicht von
Dieter Haberland
Von manchen Leuten kann man lesen,
sie wär`n schon überall gewesen,
hätten die ganze Welt bereist,
oder behaupten das ganz dreist.
Du lobst Juist, den Strand, die Wellen,
er erzählt von den Seychellen,
wie warm und klar das Wasser sei,
sechs Wochen war`n im Flug vorbei.
Du sprichst von Bayerns hohen Gipfeln,
von schönen Tälern, grünen Wipfeln.
"Weißt du denn, wo ich schon war?
Ein halbes Jahr Himalaya."
So kam es mitleidig herüber,
vom vielgereisten Gegenüber.
"Den Everest hab ich gemacht,
das hättest du wohl nicht gedacht."
Langsam wird es dir zu bunt
und haust raus ein richt`ges Pfund.
Du erzählst leicht irritiert,
den "Jacobsweg" wärst du marschiert.
Du glaubst, das wäre nicht zu toppen,
der Angeber ist nicht zu stoppen.
"Vor Jahren lief ich, du darfst raten,
von Ost nach West, quer durch die Staaten".
Nun fängst du mit Segeln an,
weil du meinst, dass er`s nicht kann.
"Ich segelte zu den Lofoten,
heil blieb der Mast und auch die Schoten."
"So was macht mir auch viel Spaß,
der Pazifik war mein Maß.
Allein hab ich ihn überquert
und blieb gänzlich unversehrt."
Du kochst vor Wut, willst es nicht zeigen,
jetzt willst du mal übertreiben.
"Eine Kreuzfahrt, die war schön,
die ganze Welt hab ich gesehn."
Für `nen Augenblick war er perplex,
doch dann kam er, der Reflex.
"Auch ich war drauf auf diesem Kahn,
kann es sein, dass wir uns sahn?"
Der Ärger war noch nicht verflogen,
mit Sicherheit hat er gelogen.
Du triffst `nen Freund, der plaudert aus,
der Mensch war aus der Stadt nie raus.