Die Gemiedene...
Ein Gedicht von
Bernd Tunn
Die Gemiedene…
Die alte Frau sah aus dem Fenster und ermahnte uns Kinder nicht so laut zu sein. Denn wir spielten gerne unter ihrem Fenster.
Für uns war die Alte fast wie eine Hexe.
Wir mieden sie.
Oft ärgerten wir sie indem wir kleine Steine gegen ihre Fenster warfen.
Hin und wieder lästerten wir ihr nach wenn sie gebeugt in ihrer verschlossenen Kleidung über den Hof ging um ihre Wäsche aufzuhängen.
Dann passierte etwas wo wir Kinder nicht mit rechneten. Sie lud uns ein. Nach kurzer Beratung nahmen wir zögernd an.
Als wir die Wohnung betraten begaben wir uns in eine andere Welt. Die alten, dunklen Möbel wirkten fast bedrohlich auf uns. Eine Wanduhr schlug in dem Augenblick in tiefen, kräftigen Tönen. Das war für uns beeindruckend befremdend.
Alte Bilder mit Hirschen, Wäldern und Auen hingen an den Wänden.
Wir schwankten zwischen Neugier und Befangenheit.
Katzen schlichen durch das Wohnzimmer. Eine lag auf einen der Sessel und schnurrte vor sich hin.
Von der Eichkommode spielte ein Schallplattengerät. Auf dem Gerät drehte eine alte Schellackscheibe. Wir amüsierten uns über die Musik von Früher und weil es so plärrte.
Als wir Kinder auf ein schweres Sofa saßen, sanken wir tief ein mit dem Gefühl so schnell kommen wir hier nicht mehr raus.
Auf dem Tisch stand Waldmeisterlimonade in einem Glaskrug. Die gebackenen Kekse in einer Kristallschale rochen verlockend.
Während wir knapperten, erzählte uns die alte Frau von Früher. Von ihrer Kindheit und über die schlimmen Zeiten währendes Krieges.
Unsere Fragen dazu beatwortete sie geduldig. Aber wir fragten nicht viel. Dazu waren wir zu sehr beeindruckt von dieser nostalgischen Atmosphäre.
Erstaunt hörten wir das die Kinder damals auch nicht viel anders waren als wir.
Wir lernten eine alte Frau kennen die eigentlich sehr nett war.
Es wurde ein entspannter Nachmittag und das Tschüss war herzlich ehrlich.
Wir Kinder nahmen uns vor die alte Frau nicht mehr zu ärgern.
Diese Haltung brachte uns noch viele gebackene Kekse ein.
Bernd Tunn – Tetje
Bernd Tunn - Tetje