Ein Jahr
Ein Gedicht von
Andreas Herteux
Müdes Erwachen,
alles ist kalt.
Nur Stille, kein Lachen,
noch ist's trist im Wald.
Der erste Sonnenstrahl,
er bringt das Leben.
Weichen soll das Kahl,
die letzten Lider sich heben.
Der Morgen graut,
die weiße Deck‘ ist fast vergangen.
Das Gefängnis taut,
die Schläfer sind nicht mehr gefangen.
Vater Zeit zieht langsam weiter,
mit ihm kommen erste Blüten.
Das Getier ist frisch und heiter,
Frost und Sturm nicht länger wüten.
Der Wind trägt die Liebe,
sie durchdringt jeden Raum.
Alles erblüht - ein Hoch der Triebe.
Oh du schöner Frühlingstraum!
Mittagssonne, schöne Welt,
wohlig Wärme, der Himmel so blau,
schön ist, was dem Herzen gefällt,
So viel Gedeih' stellt sich zur Schau.
Länger sind die Tage,
bald kommt die Erntezeit.
Leben in ein jeder Lage,
Sommer - nun ist's soweit.
Glänzend warme Sonne,
bleib für immer hier.
Sei eine einzig' Wonne,
für jeden Mensch und all Getier.
Alles wird bunt,
der Himmel noch klar,
tut es allen kund:
Der Herbst ist da.
Blätter fallen,
die Farben entfliehen.
Frost lässt seine Stimme hallen
und die letzten Vögel ziehen.
Der Tag vergeht,
Müßiggang kommt in den Wald.
Keine Blum' mehr steht,
es wird bitter, bitter kalt.
Weißer Zauber ergreift die Lüfte,
bald sind alle Fluren bedeckt,
überall die Kuchendüfte,
kein Tier den Kopf mehr reckt.
Der Tag ist am Ende,
tiefster Winter, versunkenes Land.
Wo bleibt die Wende,
wo ist das Glück, das ich empfand?
Warten auf's Morgengrauen,
immer das gleiche Verlangen.
Kann man im Dunkeln sich trauen,
zu hoffen auf weniger farbige Wangen?
Müdes erwachen,
alles ist kalt.
Doch bald werd' ich wieder lachen,
dann ist's wieder Tag im Wald.