eine Zugfahrt - Erinnerungen

Ein Gedicht von Regina Wey
Morgens früh in einem Zug
liest man in der Zeitung klug,
wie das Wetter heut' wird werden
und ob wieder Banken sterben.

Der dort, Brille, rund, aus Nickel,
entflammt sich für die Sportartikel
und am Börsenbarometer
regen auf sich die Gemüter.

Kurzes, leises Blätterrascheln
beim des Nachbarn Blick erhaschen,
ab und zu verstecktes Gähnen,
müdes an die Sitzbank lehnen.

Es lockt fein der Kaffeeduft,
als die Servicedame ruft,
reden mag man noch nicht viel,
bald schon nähert sich das Ziel.

Rrrrumms! Mit einem lauten Knall,
wie bei einem Überfall,
drückt ein bunter, wilder Hauf'
Schiebetüren schmetternd auf.

Über Drehgestellgeratter
ist im Abteil ein Geschnatter
dieser ausflugsfrohen Meute,
und das ausgerechnet heute!

Manch' ein leicht genervter Blick
quittiert das laute Kinderglück,
doch die Kleinen trällern munter
die Tonleiter rauf und runter.

Ein Frechdachs streckt die Zunge raus,
alle packen Brote aus,
unter'm Sitzbank rollt ein Ei,
bald sind es schon zwei und drei.

Endlich kommt die Station
und dann sind sie draußen schon.
Nur ein leichter Butterfleck
erzählt von dieser Zugfahrt Zweck.

Die Stille ist zurückgekehrt,
ein Schmunzeln wird nicht abgewehrt,
einer spürt ein leichtes Zieh'n,
kann der Erinn'rung nicht entflieh'n.

Und mit einem tiefen Seufzer
tut er heimlich einen Schnäuzer,
denkt an ferne Kindertage,
vergisst den Gehstock auf der Hutablage.

Informationen zum Gedicht: eine Zugfahrt - Erinnerungen

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21.08.2024
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