das Eierproblem

Ein Gedicht von Regina Wey
Es rollte ein Ei von der Henne ins Nest,
duckt' sich in die Mulde und dachte: "id est,
ich kam nach dem Huhn, oder wie, oder was?"
und vor lauter Fragen fiel es prompt ins Gras.

Dort aber stand so ein Gockel schon drin,
mit nur einer Feder, am Fuß einen Ring,
er galt als gescheit und als Klügster im Hof,
als solcher nannt' er sich gern Mister und Prof.

Zu diesem hin wollte das Ei ganz geschwind,
denn einem Professor glaubte es blind,
es hub an die Frage dem Herrn schon zu stellen,
doch da fing der Hofhund ganz laut an zu bellen:

"Waff - waff!" und er wedelte mit dem Schwanz,
der Morgen ging auf mit hellgoldenem Glanz,
beschien Ochs und Schafe, die Kuh auch, im Stall,
füllt' Milch, Eim' um Eimer, mit warmweißem Schwall.

Ein Kätzchen mit traumverlorenem Blick,
war von dem Geruch gar so wohlig entzückt,
es schleckte das Mäulchen mit Vorfreude groß
sprang über den Zaun, grad der Magd in den Schoss.

Die war sehr erschrocken und wollte schon schrei'n,
die Sonne schien weckend ins Zimmer hinein,
sie traf traf auf ein Bübchen, das gähnend im Arm
der Mutter sich kuschelt, vom Bette noch warm.

Die eilte die Treppe hinunter zur Küch',
es lag schon das Brot und der Speck auf dem Tisch,
der Bauer, hemdsärmlig, saß friedlich dabei
und freute sich sehr auf sein Frühstücksei.

Doch dieses lag immer noch draußen im Gras
und fragte sich dauernd, warum, wie und was,
da schlich sich heran der Nachtschwärmer Fuchs,
der sah dieses Neugier-Ei und fraß es flugs.

Der Bauer, mit langem, enttäuschten Gesicht,
er nahm diesen Dieb sogleich hart ins Gericht
und packt' ihn am Balg, las ihm die Leviten,
denn so einen Frevel tat er sich verbitten.

Der Fuchs, sehr verbittert, schlich sich von dannen,
traurig die Tränen zur Schnauze ihm rannen,
er war doch noch hungrig, hatt' nicht viel gefressen,
doch wird er die Schelte nicht so schnell vergessen.

Das kann so passieren, wenn sich ein Ei fragt,
doch wurde des Rätsels Lösung vertagt,
bis Morgen früh sich die Henne erneut
über ein frischgelegtes Ei freut.

Nur bin ich dann morgen nicht mehr dabei,
denn ich hatte es heut' schon - mein Frühstücksei.

Informationen zum Gedicht: das Eierproblem

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24.08.2024
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
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