Profil von Annelie Kelch

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Registriert seit dem: 06.10.2016

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Hallo, liebe LyrikfreundInnen, ich lese am liebsten Lyrik; sie macht mich oft nachdenklicher als Romane; das schafft sie mit wenigen, prägnanten Sätzen! Allerdings lese ich auch gern Romane, einige zumindest; aber Lyrik ist meistens fantasievoller, die Sprache ist oft wunderschön und bringt es auf den Punkt. Am liebsten lese ich die Lyrik von Ingeborg Bachmann, Johannes Bobrowsky, Doris Runge, Sarah Kirsch, Günter Eich und Jan Wagner.

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Anzahl Gedichte: 156
Anzahl Kommentare: 17
Gedichte gelesen: 73.860 mal
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Titel
156 Ach, wie lieb …
Vorschautext:
Ach, wie lieb schien doch der Frühling heute in mein Fenster.
Ich begrüsste ihn mit Freuden und bedauerte, dass ich so müde war.
„Lieber Frühling“, sagte ich, „muss erst 'ne kleine Runde schlafen“,
andernfalls seh' ich am Abend lila Mäuse und Gespenster.

„Kommst du später raus?“, schien er zu fragen …
Und ich nickte ernsthaft und ergeben,
wollte gar zu gern den Frühling noch erleben
und paar müde Schritte hin zum Hafen wagen.

Schlief dann ein auf meinem schwarzen Kanapee,
fand mich bald in abenteuerlichen wilden Träumen -
...
155 Denn der Wind kann nicht lesen ...
Vorschautext:
Denn der Wind kann nicht lesen ...

Was ist schon dabei, dass der Wind nicht lesen kann,
singt oder pfeift er doch, sobald er erwacht:
sanfte Lieder im Sommer, den er liebt wie einen Bruder,
und zärtlich wie ein Sonnenstrahl kühlt er unsere Haut
und das Gefieder der Vögel.

Im Herbst pfeift der Meister behänder Schatten Arien in Moll,
bläst seine Backen auf, brüllt, dass ein Löwe im Schlaf
von seinesgleichen träumt, zischt gleich Schwärmen von Mauerseglern ums Häusereck und durch die Schluchten der Straßen, rüttelt der Bäume
erschöpftes Geäst und was da fällt, ist verloren und kehrt niemals wieder.
...
154 Dem Eise verwehr und vertrau
Vorschautext:
Dem Eise verwehr und vertrau

Colchica, Schöne,
du meine Herbstzeitlose:

Vor den Toren
der unbarmherzige
Winter – doch
dem Eise verwehr,
nicht aber dem
weichen Schnee weiß
und vertrau
...
153 Birkentraum nach W.Borcherts Laternentraum
Vorschautext:
Birkentraum (nach Wolfgang Borcherts Laternentraum)

Wenn ich tot bin,
möchte ich immerhin
so eine Birke sein,
und die müsste am
Waldrand stehn und jeden davor warnen,
allein darin umherzuspazieren.

Oder vor einem Haus,
worin alte Leute wohnen
und manche Nacht weinen,
...
152 Winterworte
Vorschautext:
Winterworte

Schon morgens welkt der Tag,
die Zeit galoppiert davon;

meine Sehnsucht stolpert ihr nach,
sucht ein Lasso, einzufangen

weiße unendliche Stille:
das Gebet unter einem blauen Himmel.

Den Abend umgarne ich mit
...
151 Wir sind kahl – aber wir funkeln ...
Vorschautext:
Wir reckten und streckten uns nach den Sternen,
strebten danach, ihnen nah zu sein, sie zu erreichen.

Schau, jetzt hat man sie gepflückt
und unsere Äste damit geschmückt!
Wir sind mit goldenen Lichtern bestückt
und wahnsinnig glücklich darüber,
und die Menschen, die vorüber-
spazieren, freuen sich mit uns.

Welch ein herrlicher Brauch!
Die Leute schauen beinahe
...
150 Einen Wald zu wissen ...
Vorschautext:
Einen Wald zu wissen -
gleich neben der Stadt,
deren Farbengewalt dich auf Dauer
blind machen könnte; aber wenn
du dann im Moos liegst, entkrampft,
und deine Augen zur Kur schickst,
ein Weilchen baden lässt im Laub
und wenn dann auch noch ein
kleiner Wind die Blätter der Bäume
in freudige Aufruhr versetzt
und deine Gedanken zu den
Wipfeln der Bäume emporklettern …
...
149 Trostlosigkeit - guten Morgen
Vorschautext:
Noch nie erschien ein Winter mir so grau wie dieser – heuer vermisse ich das Himmelsblau, darüber Vogelschwärme gleiten.
Der Mohn – im Weizen glühte er gleich einem Freudenfeuer, vergangen wie ein Rausch: die schönen bunten Sommerzeiten.

Noch nie erschien ein Winter mir so grau wie dieser – heuer neigen die Stunden sich apathisch über Stadt und Land, und in der Altstadt, jener lebensfrohe, junge Straßenmusikant - will weiter südwärts ziehen für ein strahlenderes Abenteuer.

Wie lange noch? Wann tritt er ein, der unbarmherz'ge Nachtfrost, den uns Experten für das Wetter allerjüngst vorhergesagt? Was folgt auf Sturm aus Norden, auf Orkane von Nordost?
Wie lang noch dauert dieses Wetter an, die öde graue Krankenkost,
erstarren Worte in vereisten Herzen und in Winterseelen - ungefragt ...
148 Meine Muse (für Heinrich Böll)
Vorschautext:
Meine Muse ist der barmherzige Traum,
darin der Himmel auf Erden gelebt wird.
Meine Muse ist das erträgliche Leben
nach dem Erwachen aus einem bösen Traum.

Meine Muse ist tot: der Dichter aus Portland,
der die Nacht herbeiflehte,
zu dem die Bäume sprachen;
meine Muse ruht in russischer Krume,
unter der wilden Friedhofserdbeere.
Ich las, wie alt sie geworden war und
dass sie 'Marina' hieß.
...
147 Klage eines Dienstmädchens
Vorschautext:
Wie meistens kam der Herr Direktor heute später heim;
beim Abendessen gab es deshalb reichlich Zoff;
die gnäd᾽ge Frau war aufgebracht und sehr gemein
und prüfte wenig später seinen Anzugstoff,

… fand einen Hauch von rosa Lippenstift am weißen Einstecktuch
und machte eine bitterböse Szene:
scheuchte den Herrn Direktor von dem Kanapee - er las in einem Buch
und brüllte: Mach mal halblang, Magdalene!

Das habe Fräulein Knaust ihm vor der Sitzung noch gerichtet,
die habe ständig Farbe an den Händen,
...
146 Die grauen Wintertage ...
Vorschautext:
Die grauen Wintertage: bald sind sie vergessen;
ich weiß, sie schlugen dir arg aufs Gemüt.
Des Menschen Seele ist auf Sonnenschein versessen.
Nun dauert 's nimmer lang, bis alles grünt und blüht.

Der Himmel hat ein taubenblaues Band gesponnen
und gibt den Sonnenstrahlen frei' Geleit.
In allen Kirchensälen lächeln die Madonnen,
erwarten sehnsuchtsvoll die feierliche Osterzeit.

Schau, wie die Sonne strahlt auf ihre alten Tage!
Die Wälder wiegen sich in grüner Harmonie.
...
145 Frühling ... und mehr
Vorschautext:
Die Farben sind erwacht -
das Gras lebt auf ...
und funkelt in der Frühlingssonne
wie ein grünes Feuer.
Vor Blumenläden stehn in Kübeln
weiße Tulpen zum Verkauf;
kein Kind glaubt jetzt noch
an Gespenster oder Ungeheuer!

Auf wilden Wiesen lacht
das warme Blau der Veilchen.
Ach, Liebster, warte mit dem
...
144 Frühlingssonne
Vorschautext:
Gestern lief mir der Frühling übern Weg:
Spinatgrün leuchtete sein Haar …
und ich erkannte auf den ersten Blick,
dass er - nur er - es war.

Sein Auge funkelte gar wild,
er trug, von buntem Schottenmuster, einen Kilt;
ein Kranz aus Champignons und
Blumenkohl schmückte den Hals bizarr.

„Weshalb geizt du mit Wärme hier auf Erden?“,
sprach ich ihn mutig an.
...
143 Du, geh nicht einfach so vorüber ...
Vorschautext:
Du, geh nicht einfach so vorbei
an den Faltern dieses Sommers -
Schau und deute die Zeichen auf ihren Flügeln:
fragile Ornamente, Aquarelle Chagalls,
gehaucht mit dem zärtlichen Atem
seiner Pinsel und den Farben des
Regenbogens auf seiner Palette,
Erinnerungsbilder von Glücksgefühlen:
Irgendwann warst du - was du heut'
nicht mehr bist … doch sei gewiss:
Alles Gute kehrt zu dir zurück.

...
142 Poesie im April
Vorschautext:
Ich mag die wandelbaren Tage, wenn der Nebel fällt
und sich in Schwaden gräuliches Gefieder regt ...
die Luft, wie sie die blauen Hügel, scheinbar unbewegt,
umwirbt, umschmeichelt und beseelt umfangen hält.

Auch wenn die Vögel ohne Lieder steigen ...
in einen grauen Himmel, trüb und unverstellt,
tanzt meine Seele einen Kinderreigen
und schaut mit warmen Blicken in die Welt.

Ich mag die Frommen – Leute ...
ohne Heiligenschein …
...
141 Lesen
Vorschautext:
Meine Seele spaziert durch ein Buch wie durch einen Wald.
Mein Herz trinkt die Worte, eh sie im Schatten verdursten.
Ein Buchstabe purzelt ins Moos, ich hebe ihn auf
und puste den Schmerz fort.

Unterwegs - ich treffe Worte, die ich kenne und mag;
wir grüßen uns freundlich und mit gegenseitigem Respekt:
Das erfreut unser Herz und füllt es mit Liebe.

Mein allerliebstes Wort darf mich begleiten;
es lautet: Frieden.
Eine Seite meines Buches ist geknickt; ich erzähle ihr
...
140 Stiller Abschied
Vorschautext:
O
Mohn
dein stilles sanftes Glühn
in einer Welt, darin
das Laub schon fällt,
die Vögel südwärts ziehn,
versöhnt den kahlen alten Baum
in deiner Näh'
und weckt in uns den Wunsch,
falls wir den Winter überstehn,
nach einem neuerlichen
warmen Sommerwehn.
139 Dein Advokat
Vorschautext:
Ein Rechtsanwalt hat sich zu plagen
mit vielen Sorgen und mit Klagen,
mit Akten und Gerichtsparteien,
mit Miet- und Ehestreitereien.

Kommt dir ein anderer mal zu nah',
vertraue der Justizia
und geh' zu deinem Advokaten;
der wird dich sachgemäß beraten.

Hast du durch ihn gar rechtbekommen
und bist vor Dankbarkeit benommen:
...
138 Unsere Alten wandern aus ...
Vorschautext:
Sie wandern aus, unsere Alten:
nach Ungarn, Tschechien, in die Slowakei.
Dort sollen noch Pflegeplätze frei
und weniger teuer sein als hier,
und einige lernen dort sogar
noch eine fremde Sprache
und/oder spielen Klavier.

Auch nettere PflegerInnen soll es dort geben -
weil weniger Stress angesagt;
es soll sogar schon vorkommen sein,
das jemand einen Alten gefragt
...
137 Den Mondweg soll ich gehen ...
Vorschautext:
Ich möchte über alle Blätter schweben, die am Boden liegen
Geopfert hat der Baum sein eigen Fleisch und Blut
Dem Gott, der unerkannt in jedem Stamme ruht
Dem Wind, begierig, kahle Äste in den Schlaf zu wiegen.

Ich möchte über alle Schatten springen, die das Jahr vollenden
Den Segen, der in jedem Sterben weilt, empfangen
Indes die uferlose Zeit vorübereilt mit Angst und Bangen
Verblühn die Lippen uns, greift Rost nach unsren Händen.

Der Winter ist darauf bedacht, die Freud mir zu verwehrn
Mich jederzeit auf sonnenwarmen Wiesen auszustrecken
...
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